Wie geht es weiter? Gedanken zur Zukunft des Waldes nach dem Waldsterben 2.0.
vom: 19.09.2019
Noch sind wir nicht über den Berg, was die Schäden in Deutschlands Wäldern angeht. Erst im kommenden Jahr werden wir wissen, ob das flächige Sterben unserer Wälder beendet ist oder seine Fortsetzung findet.
Aber schon jetzt entbrennt die Diskussion darüber, was zu tun sei, was das kosten kann oder ob es überhaupt sinnvoll sei, etwas zu tun. Die Bandbreite ist sehr groß, Verbände - vor allem die Naturschutzindustrie – bringen sich mit ihren schon lange gehegten Ideologien in Stellung und ein Buchautor aus ehemaligen Forstkreisen verzaubert das Volk. Hinzu kommt, dass jetzt des Deutschen geliebter Wald in der öffentlichen Diskussion zur schlichten Plantage degradiert wird. Was unlängst noch Vorzeigeobjekt war, ist plötzlich schlecht.
Anders als auf politischer Bühne ist in den Forstbetrieben nach dem berechtigten Wehklagen ein beherztes Anpacken gefragt. Die Suche nach der richtigen Strategie, den zukunftsträchtigen und klimaresistenten Baumarten hat längst begonnen, doch die Anzahl der jetzt in Frage kommenden Alternativen ist begrenzt: zu viele Baumarten offenbaren bei Extremwetterlagen ihre Schwächen.
Schwach ist zudem die Liquidität in den Forstbetrieben der Schadensgebiete. Teilweise sind die Flächen noch nicht geräumt, totes Kapital steckt in den mittlerweile wertlosen Poltern am Wegesrand, nicht einmal ein Abfluss des Schadholzes ist kurzfristig zu erwarten.
Auf der anderen Seite warten enorme Investitionen, die jetzt auf den Schadflächen getätigt werden müssen – nicht nur, um unsere große CO²-Senke wieder zu aktivieren, sondern vor allem um für das langfristige Überleben der Forstbetriebe zu sorgen. Es wird selbst im öffentlichen Wald dieser Tage deutlich: der Waldboden muss einen Ertrag abwerfen, sonst können die meisten sonstigen Wohlfahrtswirkungen für die Gesellschaft nicht im gewohnten Umfang erbracht werden.
Haben wir doch endlich den Mut, dies auch so deutlich zu sagen!
Dass der Schaden im Wald enorme Ausmaße hat, ist mittlerweile unbestritten. Und ja, es wird auch öffentliches Geld fließen, um hier zu helfen. In welcher Form, bleibt noch abzuwarten; die entscheidende Frage aber wird lauten: wie stark werden jetzt die Forstbetriebe bei der Wiederaufforstung be- oder entlastet? Gibt es eine 100%-Förderung? Welche Auflagen hat der Waldbesitzende zu erfüllen? Wie anspruchsvoll hinsichtlich der Baumarten-Mischung soll die neue Waldgeneration sein?
Fest steht: die Fichte wird bundesweit vorerst unser Brotbaum bleiben, aber der Blick muss sich beim Anbau wohl stärker auf richtige Standorte und Mischungen konzentrieren. Die Buche, jahrzehntelang als Heilsbringer propagiert, hat große Schwächen gezeigt und wird aus vielen zukünftigen Variantenstudien heraus fallen. Unsere Kiefer zeigt auch stellenweise Stresssymptome, erweist sich aktuell aber als die stabilste Baumart. Eine große Bedeutung werden in naher Zukunft wohl die Laubholz-Pioniere wie Birke (und Aspe) einnehmen. Sie sind an Freiflächen angepasst, ihre Laubstreu hat ein sehr günstiges C/N-Verhältnis, und bei richtiger Auswahl des Saatgutes kann die Birke auch rasch Erträge für die Forstbetriebe bringen. Mit Douglasie und Roteiche werden weitere Alternativen benannt.
Es ist zu vermuten, dass wir an einem Punkt angekommen sind, an dem es vorrangig um die Wiederbestockung an sich und erst nachrangig um die Art der Wiederbestockung geht. Bevor wir über den Umbau stehender Waldbestände diskutieren und dahinein investieren, müssen Freiflächen mit einfachen, raschwüchsigen und klimafesten Baumartenmischungen wiederbestockt werden.
Die Entscheidung über die Umsetzung auf der Fläche fällt letztlich der Waldbesitzende, die Rahmenbedingungen hingegen werden durch die öffentliche Meinung gestaltet. Hier sollten wir alle ein Wort mitreden und das Feld nicht selbsternannten Experten überlassen!
Foto Grevelhörster: Douglasien-Saat und Kiefern-Naturverjüngung auf Freifläche